Wenn die Wahl des tagtäglichen Büro-Outfits doch so einfach wäre wie der morgendliche Kontocheck. Als Megatrendthemen wie New Work, agiles Arbeiten und Work-Life-Balance noch in den Kinderschuhen steckten, war auch das tägliche Büro-Outfit nicht nur für Bankmitarbeiter*innen unmissverständlich geregelt: ein klassischer Anzug mit Krawatte und Einstecktuch oder das feine Kostüm gehörten zur Grundausstattung vieler Mitarbeiter*innen in Büros. Heute ist Vieles nicht mehr so eindeutig wie es einmal war und das macht sich auch im eigenen Kleiderschrank bemerkbar.
Angemessen lässig mit Business Casual

Business Casual heißt der Dresscode der Stunde. Er weicht bisherige Etiketten-Regeln auf und liegt wohl irgendwo zwischen Jeans und Anzughose. Ein Kleidungsstil, von dem kaum jemand so wirklich weiß, wie er funktioniert und der wohl zuerst mit der IT- oder Medienbranche in eine Schublade gesteckt wird.
„Lässig-Schick“ können aber auch die Mitarbeiter*innen der Haspa. Als 2016 in einigen ausgewählten Filialen das erste Mal die Krawatte zuhause bleiben durfte, war dies für die Finanzbranche alles andere als selbstverständlich. Wie sonst kaum jemand transportierte das Bankwesen ihre Schlüsselwerte wie Seriosität, Vertrauen und Sicherheit über einen strengen Dresscode. Natürlich sind dies auch weiterhin wesentliche Parameter, wenn das eigene, hart ersparte Vermögen Dritten anvertraut werden soll. Heute geht es aber um viel mehr. Kunden wünschen sich Kommunikation auf Augenhöhe, menschliche Nähe und ein persönliches Verhältnis zu ihrem Bankberater*in. Spätestens seitdem der Kunde im neuen Haspa-Filialkonzept in Wohlfühlatmosphäre empfangen wird, schaffen Krawatte und Anzug nur unnötige Distanz.
Die Verabschiedung von der Krawatte ist nach Meinung von PR- und Kommunikationsberaterin Imme Vogelsang längst kein Freifahrtschein für Sneaker und Jogginghose. In ihrem Buch warnt sie vor einer zu lässigen Interpretation des Dresscodes und plädiert dafür, sich zwar leger aber weiterhin der Branche und dem Anlass angemessen zu kleiden.
So sieht’s aus bei der Haspa

Um einem peinlichen Fashion-Fauxpas zuvorzukommen, erarbeiteten daher die Mitarbeiter*innen ausgewählter Haspa-Filialen schon 2016 gemeinsam mit der Stilberaterin Christiane Dierks den Haspa Business Casual Dresscode. Als eine Art Musterkatalog dient er den Mitarbeiter*innen fortan als Orientierung für die eigene Garderobe. In diesem Rahmen liegt es in der Eigenverantwortung jedes Teams, eigene teaminterne Dresscode-Vorgaben zu formulieren, der regionale Kundenerwartungen berücksichtigt. Die finale modische Ausgestaltung bleibt dann jedem Mitarbeiter*in selbst überlassen.
Stilsicher gekleidet sind die Haspa-Mitarbeiter*innen seitdem auch mit Jeans oder Chinos – kurze Hosen und Sandalen bleiben jedoch weiterhin der Freizeit vorbehalten. Bei Frauen sollten Kleider und Röcke bis zum Knie gehen. Bei höheren Temperaturen können die Ärmel auch mal kürzer sein.
Viel mehr als ein neuer Look
Die Idee zum neuen Look kam von einem Auszubildenden der Haspa und ergänzte die zeitgleich präsente, kundennahe Werbekampagne „Meine Bank heißt Anna“ optimal. Erfrischend dynamisch und hierarchiefrei, aber nicht weniger durchdacht, folgte dann die Umsetzung des Projektes. „Wir haben die Chance genutzt, das Bild vom Sparkassenberater neu zu zeichnen und mehr von uns als Mensch zu zeigen. Deshalb war Haspa Business Casual für mich ein logischer nächster Schritt“, bringt es Vorstandssprecher Dr. Harald Vogelsang auf den Punkt.
Mode ist Ausdruck unserer eigenen Identität, Ausdruck von Diversität, Mut und Kreativität. Den eigenen Dresscode in die Verantwortung der Mitarbeiter*innen zurückzugeben ist ein sichtbares Signal für gelebte Eigenverantwortung und damit ein wichtiger Schritt für die Unternehmenskultur der Haspa.
Mitarbeiter*innen und Kund*innen waren von Anfang an eingebunden. So gaben knapp 2.000 Kund*innen und gut 2.000 Mitarbeiter*innen in einer begleitenden dreistufigen Umfrage ihre Meinung ab. Das Ergebnis war eindeutig: Die Sorge vor einem negativen „Social Priming“-Effekt, d.h. dem Verlust von Seriosität und Vertrauen durch den legeren Kleidungsstil, ist unbegründet. Vielmehr begrüßten 81% der befragten Filialbesucher*innenden neuen Look. Der Mensch ist wichtiger als die Garderobe. Auch 73% der Mitarbeiter*innen wünschten sich den Dresscode dauerhaft und nur 5% fühlten sich mit dem neuen Look nicht wohl.
Dennoch, die Kund*innen erwarten weiterhin ein gewisses Niveau an gepflegter Kleidung und professionellem Auftreten. Auch wissenschaftliche Studien zeigen eine deutlich höhere Produktivität und Erfolgsquote im Business-Look. Das vielerorts im Home-Office liebgewonnene Couch-Outfit wird also auch bei der Haspa weiterhin tabu bleiben.
So gelingt die Einführung eines neuen Looks im Unternehmen:
- Externe Stilberatung Wer nachhaltig Stilvorgaben verändern will, sollte durchaus externe Hilfe in Anspruch nehmen und von der Erfahrung und dem externen Blick von professionellen Stilberater*innen profitieren. Sie vermitteln Wissen über die Wirkung von Kleidung, Farben und Looks und stellen sicher, dass trotz der neuen Lässigkeit im Outfit, Kompetenz und Glaubwürdigkeit sichtbar bleiben.
- Vorgaben machen und Freiheiten lassen Ein gemeinsam erarbeiteter Musterkatalog, der für alle Mitarbeiter*innen transparent gemacht wird, vermeidet langfristig peinliche Fashion-Fehlgriffe und stellt weiterhin einen Corporate Look sicher. Er dient als Orientierung für eine „Untergrenze“. Jeder Mitarbeitende sollte darauf aufbauend die Legitimation besitzen sein eigenes Outfit individuell und eigenverantwortlich ausgestalten zu können. Nur so wird sich jeder Beteiligte langfristig wohl fühlen und Diversität im Unternehmen sichtbar.
- Mitarbeiter*innen und Kund*innen einbeziehen Die Kundinnen und Mitarbeiterinnen von Anfang einzubeziehen und ihre Meinungen und Bedürfnisse ernst zu nehmen, baut Barrieren ab und motiviert intrinsisch den Änderungsprozess anzunehmen und aktiv mitzugestalten. In einem offenen Gespräch können Ängste und Sorgen besprochen und in dem Maßnahmenkatalog berücksichtigt werden.
- Learning by seeing Zu guter Letzt hilft wie so häufig: ausprobieren, Erfahrungen machen und in den Austausch kommen. Mit der Zeit erhält so jeder Mitarbeiterin genügend Gelegenheit und Inspiration für die eigene Outfitwahl. Und wenn der Griff dann doch einmal danebengeht, hilft ein ehrlicher, aber positiv und wohlwollend formulierter Hinweis der Kolleginnen
Titelfoto: Rainer Sturm/pixelio